Wie du sie auf muskulärer, nervensystemischer und hormoneller Ebene mit deinen Athleten und Team betreibst.
Was genau ist sie und wie kann sie die Möglichkeit und das Potenzial, mehr Spiele zu gewinnen, erhöhen?
Praxisrelevante Tools für deine tägliche Arbeit, um das athletische Reservoir deiner Athleten zu steigern.
Es der Praxis wissen wir, dass ein Fitness- und ein Freshnessproblem exakt gleich aussehen kann. Man sieht so aus, als ob man faul wäre. Man ist leichter aus der Puste und verliert an Spritzigkeit. Die technischen Fertigkeiten nehmen ab. Während die Lösung für ein Fitnessproblem mehr Training ist, ist die Lösung für ein Freshnessproblem allerdings mehr Regeneration.
Wie man genau zwischen einem Fitness und einem Freshnessproblem unterscheidet, wie man Freshness messen kann, was man tun kann um optimaler zu regenerieren und seine individuelle optimale Trainingsdosis zu finden, darum soll es in dieser Lektion gehen.
Bei einer Leistungsdiagnostik wird, meistens am Anfang einer Saison, Fitness in mehreren Aspekten erfasst. Beweglichkeit, Stabilität, Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit werden getestet. Für eine valide Leistungsdiagnostik müssen die Athleten regeneriert sein. Für einen optimalen Fitnesstest sollten sie einige Tage vorher die Trainingsbelastung reduzieren, damit zum Testzeitpunkt keine Erschöpfung mehr vorhanden ist. Denn eine Leistungsdiagnostik misst die Fitness, also das, was sie bei voller Regeneration leisten können: die potentielle Leistungsfähigkeit.
Du kannst dir Fitness wie das Wasser hinter einer Staumauer vorstellen. Es ist da, es wird aber nicht immer auf einmal ins Tal gelassen. Um die Bewohner des Tals zu schützen, wird nur eine kleine Menge dieses Wasserpotentials auf einmal freigelassen. Auch du kannst nicht zu jeder Zeit auf 100% deiner Fitness zugreifen. Dein Körper gibt dir nur die Ressourcen, die ihm als sicher erscheinen, um auch dich zu schützen.
Jeder kennt die Geschichten von Müttern, die nach einem Autounfall ein Auto angehoben haben, um ihre eingeklemmten Kinder zu befreien. In solchen überlebenswichtigen Situationen hat der Körper immer nochmal die Möglichkeit auf einen größeren Prozentsatz seiner Fitness, also seiner potentiellen Kraft und seiner potentiellen Ausdauer, zurückzugreifen. Erschöpfung kannst du dir wie die Schleuse in der Staumauer vorstellen. Je größer die Erschöpfung, desto weniger deiner Fitness steht dir aktuell zur Verfügung.
Jeder kennt diese Tage, bei sich und seinen Spielern. Die Tage an denen einfach nichts so richtig läuft. Nicht nur körperlich ist man irgendwie nicht dabei (die Beine brennen schon nach kurzer Zeit), sondern auch koordinativ und mental läuft es nicht so richtig. An diesen Tagen haben wir kein Fitnessproblem, sondern ein Freshnessproblem. Während Fitness ein sehr konstanten Verlauf hat, unterliegt die Freshness akuten Tagesschwankungen.
Freshness ist also die aktuelle Leistungsbereitschaft des Athleten. Das, was er in diesem Moment von seiner potentiellen Fitness auch wirklich abrufen kann. Wenn Fitness ein Staudamm ist, dann ist die tägliche Freshness die Schleuse, also das was wirklich unten rauskommt. Es ist wichtig, dass jeder Athlet und jeder Coach diesen dramatischen Unterschied zwischen Fitness und Freshness versteht. Viel zu oft wird auf ein Freshness Problem mit MEHR Training und MEHR Druck auf das Team reagiert. Das ist genau die falsche Strategie. Was an einer eingeschränkten Freshness so fatal ist, ist, dass ein eigentlich schlechteres Team (unfitteres Team) an einem solchen Tag die Chance hat, ein eigentlich besseres Team (fitteres Team) zu schlagen.
Nur bei optimaler Freshness kann man 100% seiner Fitness abrufen!
Hier sind wichtige Punkte, die du beachten solltest, da sie die Fitness deiner Spieler negativ beeinflussen können.
Das bedeutet, dass Potentielle Performance = FITNESS. Die Wirkliche, Aktuelle Performance = FRESHNESS und FRESHNESS = FITNESS – ERSCHÖPFUNG.
Wie wir in dieser Abbildung sehen hat das unfittere Team 1 an drei Punkten über den Saisonverlauf eine große Chance, das fittere Team 2 zu schlagen, weil sie genau an diesen Punkten mehr Leistung abrufen können, als das eigentlich fittere Team. Ziel eines guten Regenerationsmanagements in der Saison ist es, konstante Fitnessfortschritte zu machen, ohne durch zu große Freshness Einbußen zu verwundbar zu werden.
Wenn man mit einem Sportler über Regeneration spricht, dann ist der erste Zugang oft der Muskelkater. Jeder kennt ihn, jeder liebt ihn, ist aber auch wieder heilfroh, wenn er weg ist. Muskelkater entsteht, wenn durch hohe Spannungen auf der Muskulatur Teile der Muskelfasern mikroskopisch eingerissen sind.
Diese Risse locken Entzündungsmediatoren an und eine Entzündung schüttet Prostaglandine aus, die den eigentlichen Schmerz des Muskelkaters verursachen. Der Muskel reagiert mit Hypertrophie also einer Vergrösserung der Muskelzelle. Nach technischen Einheiten, wahren Krafttrainingseinheiten und nach Schnellkrafteinheiten sollte bei erfahrenen Athleten kein Muskelkater auftreten. Muskelkater nach Muskelauf- baueinheiten ist allerdings erwünscht. Muskelregeneration ist dann abgeschlossen, wenn der Muskel mindestens wieder die Leistung erbringen kann, die er kurz vor dem Trainingsreiz erbringen konnte. Eine muskelbasierte Leistungseinschränkung nach intensiven Trainingsreizen basiert auf 3 Effekten.
Muskelbelastung führt zu einer Senkung von wichtigen Rohstoffen wie: ATP, Kreatinphosphat, Glykogen und Kalzium. ATP, Kreatinphosphat und Kalzium füllen sich nach spätestens 60 Minuten selbstständig wieder auf. Die Glykogenspeicher aber bleiben weiterhin leer, wenn man nicht aktiv was dafür tut. Für das absolvierte Training ist das auch nicht schlimm. Man bekommt nicht mehr aus einem Training heraus, wenn man im Anschluss die Glykogenspeicher auffüllt. Es ist nur wichtig, um bei folgenden Einheiten wieder Leistung zu bringen. Deshalb füllt man die Speicher auch nicht NACH einem Training auf, sondern VOR einem Spiel. Das ist ein wichtiger Unterschied. Der Körper verlernt Energie aus Fett zu generieren, wenn wir ständig mit vollen Glykogenspeichern rumrennen. Du findest die genauen Details in der MORE Sektion.
Als Zwischenprodukt bei Muskelanstrengung werden saure Protonen abgespalten, die den pH Wert der Zelle senken, die Zelle also sauer machen. Ein saures Zellmilieu ist der Hauptgrund für geminderte Muskelleistung. So neutralisiert man die Muskelzelle schnell:
Muskelkater ist schmerzhaft. Mit Muskelkater ist der Bewegungsradius eingeschränkt und die Kraft des Muskels abgeschwächt. Schmerz führt dazu, dass man sich anders bewegt, welches das Verletzungsrisiko erhöht. Muskelkater entsteht hauptsächlich durch exzentrische Belastungen. Von intensiven Fahrradeinheiten kann man fast gar kein Muskelkater bekommen, weil Radfahren rein konzentrisch ist. Wenn man ihn einmal hat, kann man ihn mit einigen Mitteln eindämmen, aber nicht komplett loswerden. Schmerzmittel sind nicht zu empfehlen, weil diese den Entzündungsprozess hemmen, der wichtig für die muskuläre Anpassung ist. Die Anwendung von Ibuprofen reduziert nachweislich den Muskelaufbau.
Da das muskuläre System relativ schnell regeneriert und auch wirklich nur durch mechanische Belastungen belastet wird, und nicht direkt Stressreizen wie Wettkampfdruck, Reisestress, Streit in der Familie ist, sind für die meisten Team Sportarten die zentrale Erschöpfung des Nervensystems sowie das hormonelle System viel interessantere Systeme. Unser Nervensystem reagiert immer gleich und zwar mit der Ausschüttung von Adrenalin. Adrenalin macht uns wach, erhöht den Puls, verbessert die Atmung und öffnet die Gefäße zu den Muskeln. Alles das was wir brauchen, um mit diesen Herausforderungen klar zu kommen.
Bekommt der Körper zwischen diesen Herausforderungen allerdings nicht genug Regeneration, dann erschöpft das Adrenalinsystem. Und zwar bauen sich im ersten Schritt die Adrenalinrezeptoren der Zellen in Gehirn und Muskel ab. Der Athlet wird jetzt nicht mehr so empfänglich für sein eigenes Adrenalin. Das hat Einfluss auf seine Stimmung, auf seine Reaktionsgeschwindigkeit, den Herzryhtmus, auf kognitive Prozesse, auf seine Ausdauer, und auf seine Explosivkraftleistung. Unser Körper kommt evolutionär besser mit einmaliger „Gefahr“ klar als mit ständigem „Druck“.
Serotonin ist neben Dopamin, Acetylcholin und GABA einer der vier wichtigsten Neurotransmitter. Eine Serotoninverschiebung führt dazu, dass sich Training anstrengend „anfühlt“ und trägt somit zu zentraler Erschöpfung bei. Dass Kohlenhydrate zu einer Serotoninasschüttung führen, ist EIN Grund warum ein kohlenhydratreiches Frühstück bzw. eine kohlenhydratreiche Mahlzeit VOR einem Training oder Wettkampf nicht zu empfehlen sind. Serotoninverschiebung schränkt die Leistungsfähigkeit der Muskulatur ein und führt daher auch zu reduzierten Werten in Sprung- und Griffkraft, wenn der Athlet zentral erschöpft ist.
Dopamin ist der Motivationsneurotransmitter. Nach intensiven Trainingseinheiten ist Dopamin im Gehirn reduziert. Proteine und gesunde Fette, erhöhen die Dopaminspiegel im Gehirn. Grüner Tee und Waldbeeren mindern die Dopaminreduktion in Stressphasen. Sex und gute Musik sorgen für Dopaminausschüttung. Das Nahrungsergänzungsmittel Rhodiola hat ebenfalls positive Effekte. Mehr dazu im Kapitel “Ernährung”.
Fast Food, vor allem glutamathaltige Chips und Geschmacksverstärker senken unsere Dopaminspiegel. Außerdem senkt regelmässiger Konsum von Pornographie die Dopaminempfindlichlkeit im Gehirn und hat damit einen negativen Einfluss auf Regeneration. Dazu kommt noch der Effekt, dass das Licht des Bildschirms die Meltatoninauschüttung im Gehirn blockiert und damit die Schlafqualität stark herabsetzt.
Wie bereits angesprochen, werden bei konstantem Stress die Adrenalinrezeptoren im Körper abgebaut und der Körper verliert an Empfindlichkeit für Adrenalin. Daher muss der Körper langfristig mehr und mehr Adrenalin ausschütten, um die selbe Antwort vom Körper zu erhalten.
Als Folge auf den Adrenalinresistenzmechanismus wird das hormonelle System mit einbezogen und der Cortisolresistenzmechanismus wird gestartet. Cortison kennt man im Zusammenhang mit den Spritzen, die man bei Gelenkentzündungen beim Arzt oft bekommt. Der Grund, warum dort Cortison eingesetzt wird, ist, dass Kortison die stärkste entzündungshemmende Substanz im Körper ist. Cortison ist ein Anti-Stresshormon. Es wird ebenfalls von unserer Nebenniere ausgeschüttet, wenn der Körper mit Stress und damit mit Entzündung zu kämpfen hat. Neben der anti-entzündlichen Eigenschaft, die ja erstmal super klingt, ist Cortison allerdings auch eins der stärksten katabolen Hormone.
Cortison trägt zum Gewebeabbau bei. Das wollen wir nicht haben. Konstant erhöhte Cortisonspiegel, wegen mangelnder Regeneration führen zu:
Cortison trägt zum Gewebeabbau bei. Das wollen wir nicht haben. Konstant erhöhte Cortisonspiegel, wegen mangelnder Regeneration führen zu: Mit Cortison passiert das selbe wie mit Adrenalin. Bei konstant erhöhten Cortisonspiegeln werden die Zellen Cortisonresistent und der Körper muss auf einmal noch mehr Cortison ausschütten, um den selben Effekt zu erzeugen. Das kann schließlich dazu führen, dass die Nebenniere, wie ein ausgepresster Schwamm, kein Cortison mehr produzieren kann und damit physiologisch der Zustand des Overtraining, bzw. des Burnout erreicht ist. Faktisch ist diese Nebennierenerschöpfung genau der Grund hinter Übertraining und Burnout. Alle drei Begriffe bezeichnen den exakt selben physiologischen Prozess, die Nebennierenerschöpfung.
Jetzt gehen wir dem Begriff “Overtraining” auf den Grund. Wenn ein Zustand reduzierter Freshness nicht rechtzeitig adressiert wird, dann kann das dazu führen, dass aus einer reduzierten, zentral-nervösen Regeneration eine hormonelle Erschöpfung wird, die nicht mehr so leicht reversibel ist.
Sehr lange war die Physiologie von Übertraining unbekannt oder konnte nur sehr wage gefasst werden. Heute weiß man, dass es sich um klar greifbare biochemische und anatomische Veränderungen handelt und nicht um ein abstraktes, teilweise psychologisches Konstrukt. Diese Veränderungen betreffen vor allem die Nebenniere und die damit assoziierte hormonelle Achse mit der Hypophyse und dem Hypothalamus oberhalb und den Hoden unterhalb. Die Nebenniere ist ein dreiecksförmiges, etwa 3cm grosses Organ, was jeweils direkt auf den Nieren aufliegt. Von seiner Konsistenz und dem Aussehen ähnelt die Nebenniere einem Schwamm und so kann man sich auch die Entstehung von Übertraining bzw. Burnout vorstellen, denn ein Athlet ist dann im Übertraining, wenn der Schwamm ausgepresst ist.
Die Nebenniere schüttet vor allen Dingen Cortisol aus und zwar immer dann, wenn der Körper mit einem Stressreiz konfrontiert wird.
Wenn der Athlet zwischen diesen Stressreizen nicht ausreichend regeneriert und seinen Körper über Schlaf und gute Ernährung stressresistenter macht (das Cortisol abpuffert), dann hat er chronisch erhöhte Cortisollevel.
Dies nennt sich Phase 1 der Nebennierenerschöpfung. Die Nebenniere produziert sehr viel Cortisol, um mit dem ständigen Stress klarzukommen. Die meisten Athleten leben ständig in Phase 1 der Nebennierenerschöpfung. Insgesamt gibt es 4 Phasen.
In Phase 1 wird Cortisol hochreguliert und die Nebenniere hat genug „Rohstoffe“, um viel Cortisol zu produzieren. In Phase zwei gehen die „Rohstoffe“ der Nebenniere aufgrund der ständig erhöhten Cortisolwerte langsam zur Neige und die DHEA und Aldosteronausschüttung fällt ab. Auch die Testosteronwerte leiden jetzt.
In Phase 3 kann sogar nicht mehr genug Cortisol produziert werden und in der finalen Phase 4 ist die Nebenniere komplett erschöpft. Der Athlet ist jetzt in einem Übertrainingszustand aus dem er über Monate ohne die richtige Therapie nicht mehr herauskommt. Spätestens in Phase 3 haben die Testosteron und DHEA Werte schon so sehr gelitten, dass der Athlet möglicherweise schon unter leichten bis schweren depressiven Verstimmungen leidet.
Es gibt Anzeichen dafür, dass die hohe Rate an Depressionen und bipolaren Störungen bei Athleten zum Teil auf diese chronische Überbelastung bei unzureichender, eigentlich aber verstärkt notwendigen Nährstoffzufuhr, zurückzuführen sind. Ein guter Indikator, ob es ein Athlet schafft, nicht in Phase 2 abzurutschen, ist der Gebrauch an Stimulantien wie Kaffee, Red Bull, etc. Wenn sie anfangen, mehr und mehr Kaffee und andere Stimulantien zu konsumieren, um durch den Tag zu kommen, dann ist die Gefahr hoch, dass Phase 2 der Nebennierenerschöpfung naht. In Phase 1 ist Cortisol am Morgen sehr hoch, was dazu führt, dass man früh und frisch aufsteht, aber möglicherweise am späten Nachmittag und frühen Abend, sobald man zur Ruhe kommt, sehr müde wird. Oft fallen die nächtlichen Blutzuckerspiegel ab, was dazu führt, dass man zwischen 3 und 4 Uhr aufsteht und nicht mehr einschlafen kann. Im Gegensatz dazu sind in Phase 2 die abendlichen Cortisolspiegel sehr hoch, was dazu führt, dass man schlecht einschlafen und möglicherweise gar nicht mehr schlafen kann. Die Nebennierenerschöpfung ist ein subklinischer Prozess, das heißt sie läuft unter dem Radar der Schulmedizin ab, ist jedoch mit Hilfe eines Cortisoltagesprofils in Kombination mit DHEA nachweisbar.
Dabei werden an mindestens 4 Zeitpunkten am Tag Speichelproben entnommen und anschliessend an ein Labor zur Auswertung geschickt. Ein solcher Test kostet unter 130€ und ist eine wertvolle Investition wenn der Verdacht auf eine chronische Überbelastung besteht. Eine Nebennierenerschöpfung Phase 2 oder höher ist sehr selten bei Athleten, aber wenn ein Spieler mal total im Loch steckt kann man zumindest den Verdacht nahe legen.
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